Samstag, 2. Juni 2012

Wätterhoren - oder wiedermal schlägt die Uhr Mitternacht 00:00

 
Wiedermal schlagen die Kirchenglocken Mitternacht. Und wieder stehen Phippu und ich in einem stillen schlummernden Dörfchen, man könnte fast meinen am Ende der Welt. "Stechelberg" steht auf der Dorfeingangstafel unseres heutigen Ausgangspunktes auf rund 900müM. Beladen sind wir je mit ca 16.5kg Material. Nicht etwa, dass unsere Ski steinschwere Latten wären - nein, auf unseren "Zahnstochern" ist sogar eine Dynafit-Rennbindung montiert. Unserer Schlepperei liegt eine ganz andere Ursache zugrunde
: wir wollten uns erst auf 3000müM entscheiden, in welche Himmelsrichtung unsere Tour weitergeht. Also musste nebst der Skiausrüstung zusätzlich die Hochtourenausrüstung und je zwei schwere Pickel mit.

Bei Mondlicht wanderten wir auf kleinen Waldtrails dem Tälchen entlang.  Der Schein unserer Stirnlampen reflektierte sich in verschiedenen Tieraugen, mal in grünlichen, mal eher in roten, mal mit kleinem und mal mit grossem  - schon fast gefürchigem - Augenabstand. Oberhalb der Waldgrenze wars ohne Tageslicht  nicht ganz einfach, die "Diretissima" durch eine wilde Landschaft aus Moräne, Schneefeldern, Steinwüsten und Felsstufen zu finden. Somit haben wir halt nun einen ausgedehnten Bereich dieser Pampa kennengelernt;-)...

Wechselzone beim ersten grösseren Schneefeld, hier tauschten wir Wanderschuhe gegen Ski aus.
Unterwegs verlor Phippu irgendwie die Kontrolle über seine Augendeckel, mehrmals klappten sie - während dem Gehen - einfach runter. Die Differenzialdiagnose dieses Kontrollverlustes war jedoch rasch und eindeutig gestellt: Schlafmangel von geschätzten 240h in den letzen zwei Monaten, und zusätzlich pedalte Phippu bis wenige Stunden vor Tourbeginn als Velokurier in der ganzen Stadt herum! Deshalb setzten wir uns vorerst je auf einen platten Stein und genossen den Sonnenaufgang auf 2500müM. Jeder auf seine eigene Art - ich die Sonne beobachtend, Phippu mit Powernapping als Versuch seine Jahrhundertskrise zu entschärfen.

Als die Sonne bereits als grosse Kugel am Himmel stand, setzten wir unsere Reise fort. Gestärkt und vollmotiviert zogen wir in flottem Tempo bis auf Höhe der Mutthornhütte, wo aus Zeitgründen gar nichts anderes mehr in Frage kam als das Wätterhoren (=Lauterbrunnen Wetterhorn 3236müM) ...zum Glück, denn nach dem Gipfelpanorama dort oben und der anschliessenden Sulzabfahrt in "Edelversion" fühlten wir uns einfach wunschlos glücklich! Und bei Wiederankunft in Stechelberg vielleicht auch ein bisschen müde;-).

Talblick, fasziniert von den ersten Dämmerungsanzeichen


Wechselzone: von den Wanderschuhen in die Skibindung, jupii endlich

Sonnenaufgang bestaunen auf 2500müM

Gletscherpassage in Richtung Mutthornhütte

"Sätteli" neben der Mutthornhütte = Punkt der vielen Möglichkeiten: je nach Verhältnissen/Saison/Ausrüstung stehen einem da mehere Möglichkeiten die Tour weiterzuführen offen! Abfahrt über die Mutthorn-E-Wand, Tschingelhorn-NO-Wand, via Petersgrat ins Lötschental runter, durch Gasterental nach Kandersteg, via Gamchilücke auf die Griesalp....oder eben - wie wir - auf den absoluten "Panorama-Gipfel" Wätterhoren!

"Endstation" Wätterhoren Gipfel


Wenn der Belag trocken ist: Grana Padano ist multifunktionell. PS: Phippu war dank (oder eher trotz?) dem Käse schneller als ich auf der Abfahrt!
Traumhaft, einfach traumhaft...DAS sind noch Juni-Skitouren :-)!

Bis auf ca 1750müM wurde kein einziger Ski ausgezogen!

Wenige Minuten oberhalb Stechelberg haben wir unser schon fast zur Tradition gewordenes "après-Ski-Menu" tier- und wandervolksicher versteckt :-)